Donnerstag, 2. Februar 2012

15.1.2012 – Verirrt mit dem Ski-doo -> 326 Kilometer

Ich habe erst lange darüber nachgedacht, ob ich das wirklich auf meinen Blog schreiben soll, denn irgendwie ist die ganze Geschichte zwar lustig, aber sie hätte auch ganz anders ausgehen können. Deswegen, keine Angst, ich lebe noch und mir geht es sehr gut!

Nachdem ich zum ersten Mal mit dem Ski-doo unterwegs war und mein Gastvater da nur eine kleine Route ausgesucht hatte, um zu sehen ob mir das gefällt, fragte er mich eine Woche später, ob ich mit ihm noch mal mitkommen möchte. Er wollte, dass wir zu seinen Eltern nach Val d’Or fahren, einen Kaffee trinken und dann zurück kommen. Theoretisch sind das pro Weg etwa 70 Kilometer und dauert ungefähr eineinhalb Stunden. Was dann aber passiert ist, schreibe ich in den nächsten Zeilen.

Um 11 Uhr brachen wir zu Hause auf. Vielleicht noch zu erwähnen, dass es ein wirklich schöner, sonniger Tag war, doch trotzdem mit -26° Celsius. Wir gingen noch eben tanken, dann düsten wir in Richtung Mont-Vidéo, wo wir bereits beim ersten Mal auch Halt gemacht hatten. Auf dem Weg dorthin begegneten wir dann auch noch der Ski-doo-Polizei. Das waren zwei Polizisten die auf ihren Ski-doos gewartet haben und Ausweiskontrollen gemacht haben, denn einen Ski-doo darf man offiziell nur dann steuern, wenn man einen Autoführerschein, oder eine spezielle Ski-doo-Prüfung gemacht hat. So kann man, bei fahrlässigem Verhalten, auch ganz schnell den Führerschein für das Auto verlieren. David fragte dann die beiden Polizisten welches der schönere Weg nach Val d’Or sei, denn in den Tagen davor hatte es viel geschneit und dann kommt es manchmal vor, dass die Wege nicht schön oder gar gesperrt sind. Sie empfahlen uns dann einen Weg, den wir dann daraufhin auch nahmen. Doch nach etwa 20 Minuten kamen wir an eine Y-Gabelung und keine Wegbeschreibung war daran. Gefühlsmässig entschieden wir uns für links… Doch diese Weggabelungen kamen immer wieder und der Weg wurde immer schlechter. Immer wieder kamen uns aber noch andere Leute auf Ski-doos entgegen. Wir fragten sie, wo es nach Val d’Or geht. Aber sie meinten bloss alle, dass man dem Weg folgen soll, dann würde man ziemlich schnell in einen der Vororte von Val d’Or kommen. Doch niemals kamen wir in diesem einen Vorort an und die Kilometeranzeige auf dem Ski-doo wuchs und wuchs und die Wege wurden noch schlechter. Mehrere Male blieben wir im Schnee stecken und wir mussten zu zweit den Ski-doo wieder rausziehen und es holperte und alles tat einem weh. Die Akkus in den Schuhen und Handschuhen gegen die Kälte gingen auch ihrem Ende nahe. Gegen vier Uhr nachmittags hatten wir immer noch keine Ahnung wo wir sind, eigentlich wollten wir um diese Zeit bereits wieder zu Hause in Amos sein. Doch wir konnten nicht einmal Natalie anrufen, da wir im Wald keinen Empfang haben. Irgendwann erreichten wir eine Strasse mit einer Kilometeranzeige. Da wurde uns ein wenig bewusst wo wir uns befanden, ganz woanders, schon viel weiter als Val d’Or, irgendwo in einem Naturpark, verloren. Dann begann die Tankanzeige zu piepen. Na super, noch Tank für 50 Kilometer. Mein Gastvater war sauer und fluchte nur noch, denn schliesslich muss er jeden Winter 300 Dollar für die Erlaubnis der Ski-doo-Pisten bezahlen, und wenn ein Québécois flucht, dann ist das immer sehr schön anzuhören, denn das können sie wirklich gut. Irgendwie schafften wir es dann anhand dieser Strasse nach Val d’Or zu gelangen, wo wir an der ersten Tankstelle erst einmal eine grosse Portion tanken gingen, doch es war schon gegen fünf Uhr nachmittags, also seit 6 Stunden sind wir bereits unterwegs gewesen. Wir versuchten dann via den See zu meinen Gastgrosseltern zu gelangen, doch der Schnee auf dem See war in den Tagen zuvor so schwer gewesen, dass das Eis an manchen Stellen gebrochen war und Wasser sich mit dem Schnee gemischt und zu Slush zugefroren war. Für den Ski-doo fast unmöglich zu überwinden. Wieder blieben wir ständig stecken. Nach weiteren 20 Minuten auf dem See schafften wir es dann endlich bei meinen Gastgrosseltern anzukommen, die schon mit Sorgen auf uns warteten. Nach einer Kopfschmerztablette und einem guten Abendessen ging es um sechs Uhr auf den Heimweg. Vorher aber telefonierte David noch mit dem Präsidenten des Ski-doo-Vereins von Amos. Er sagte ihm, dass wenn wir um zehn Uhr abends nicht zurück seien, solle er uns suchen. Der Rückweg ging dann besser, wenn auch trotzdem noch mit ein paar Pannen und Umwegen. Wir brauchten auch für den wieder viel zu lange, da die Pisten nicht richtig geräumt sind. Laut meinem Gastvater die „scheiss“ Arbeit der Leute in Val d’Or, die in dieser Saison ihre Pisten noch nicht ein einziges Mal präpariert haben. Nach einer Weile kamen wir an einem Chalet an, wo auch eine Tafel mit Kilometeranzeigen war. Auf dieser stand, dass es noch 56 Kilometer bis Amos sei. Beide waren wir sehr erleichtert, denn obwohl Ski-doo-fahren eigentlich Spass macht, da waren wir nur noch genervt. Nach etwa einer Stunde und 70 Kilometern kommen wir wiederum an ein Chalet, neue Kilometeranzeige, Amos, noch 55 Kilometer. Ich dachte ich spinne! Das kann doch nicht sein, jetzt sind wir doch so lange schon gefahren. Lustig war es echt nicht mehr! Wir folgten dann dem Weg und kamen irgendwann auf einen zugefrorenen See (obwohl die hier sowieso alle zugefroren sind, sogar die Flüsse), wo mein Gastvater dann wieder wusste, wo wir uns befinden, und das war alles andere als nur 50 Kilometer bis Amos. Aber in dem Moment, als mein Gastvater den Ski-doo ausgemacht hat, um auf die Karte zu schauen, da konnte ich in den einzigartigen Sternenhimmel schauen, und ich habe wirklich noch nie so einen schönen Sternenhimmel gesehen, und dann sah ich sogar auch noch ein kleines Nordlicht, wenn auch wirklich ganz klein! Aber immerhin, für eine Sache hat sich der Trip gelohnt.

Um neun Uhr vierzig kamen wir in Amos an, durchgefroren und mit eingeeisten Wimpern. Gérard schon fast auf seinem Ski-doo um uns suchen zu kommen. Natalie unheimlich froh uns endlich zurück zu wissen.

Fakt: So schnell bekommt uns nichts mehr auf einen Ski-doo, wir brauchen zwei Wochen Ski-doo-Ferien.
Strecke: 326 Kilometer
Zeit: 10 Stunden 40 Minuten (mit Pausen)
Temperatur: Zwischen -26°C und -33°C

Im Nachhinein lache ich natürlich über diese ganze Geschichte, auch wenn es ein wenig peinlich ist, vor allem aber auch, da in der Schule alle darüber informiert sind, denn hier ist ja jeder mit jedem irgendwie verwandt oder befreundet, so kann mein Gastvater nicht einfach seinem Arbeitskollegen erzählen was vorgefallen ist, ohne das am Tag danach meine ganze Französischklasse bescheid weiss und für mich applaudiert, da dessen Tochter ebenfalls in meiner Französischklasse ist. Super, ist ja wirklich fast nicht peinlich! Ausserdem hat David auch mit der Zeitung gesprochen gehabt, und eigentlich hätten wir diese Woche da erscheinen sollen, auf der Seite für den grössten Flop der Woche!

Lustig ist es trotzdem und wenn ich meinen Gastvater in 20 Jahren wieder sehen werde, dann werden wir über diese Geschichte immer noch lachen, denn jeder hier wird uns dass auch noch lange genug unter die Nase reiben!

Noch der kleine Beweis dafür, dass die Geschichte wahr ist.

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