Montag, 6. Februar 2012

4.-5.2.2011 – Ein Wochenende lang typisch wie die Kanadier leben!

Am Freitagabend kam Asadeh zu mir, die in Rouyn-Noranada (eineinhalb Stunden von Amos entfernt) ihr Austauschjahr mit AFS macht. Wir bereiteten die letzten Sachen für das Wochenende vor und dann gingen wir einigermassen früh (1 Uhr) ins Bett um morgens ausgeschlafen zu sein.

Mehr oder weniger pünktlich ging es dann um 9 Uhr los. Benjamin, ein guter Freund von mir in Amos, und sein Vater holten uns ab. Nachdem wir dann noch Rasmus, einen weiteren Austauschschüler, abgeholt hatten ging es in Richtung „Parc d’Aiguebelle“, ein wunderschöner Nationalpark, der zwei Stunden von Amos entfernt liegt. Wir waren bereits im Sommer schon dagewesen (Bilder waren auf Facebook, wie auch auf meinem Blog zu finden), aber Winter ist in Québec halt noch einmal ganz anders und der Vater von Benjamin hatte vor einiger Zeit die Idee für diesen Ausflug.

Auf dem Weg zum Park kamen wir an einem Beobachtungsturm vorbei, der ehemals eigentlich zu einer der Minen gehörte, heute aber für Touristen (wenn dann mal welche sich nach Abitibi verirren) und Naturinteressierte noch weiterhin offen ist. Wir sind dann hoch gegangen und konnten einen ersten Blick auf die verschneite Landschaft geniessen. Auf dem entfernten See entdeckten wir Häuschen für das Eisfischen.

Blick vom Turm

Häuschen fürs Eisfischen

Rasmus, Asadeh, Yvon, Benjamin

Gegen 11 Uhr kamen wir dann im Park an und konnten direkt in unser Chalet „L’Éphémère“ einziehen. Jedoch war das wirklich nur eine Holzhütte und zu beginn war die Temperatur keineswegs unterschiedlich im Gegensatz zu draussen, so dass wir die ersten zwei Stunden noch in Schneeanzug und Winterschuhen blieben, bis der Kamin genug Wärme abgegeben hatte. Dann gab es eine schöne warme Suppe vom Campingkocher mit Toasts die auf dem Kamin getoastet wurden (Das sind die leckersten Toasts der Welt!).

Das Chalet

Trinkwasser?

Heizen des Chalets

Um 2 Uhr nachmittags ging es dann los zu unserer ersten Wanderung mit Schneeschuhen. Anfangs war das irgendwie komisch so Dinger unter den Füssen zu haben, aber nach einer Weile war es sehr angenehm und man kann so durch wunderschöne Waldstücke laufen, die man mit blossen Winterschuhen nicht einfach erreichen könnte. Wir liefen ein Stück durch den Park um an die Brücke zu gelangen, über die wir im Sommer bereits gelaufen waren, jedoch im Winter kann man nicht auf sondern unter der Brücke laufen, auf dem zugefrorenen Fluss. Auf dem Weg dahin schmissen wir uns ständig in den Schnee oder verpassten den Anderen „unabsichtliche“ Schneeduschen durch das Schütteln der schneebedeckten Äste. Es war dann schon ein wenig seltsam unter der Brücke zu stehen, auf der wir erst im Sommer noch oben gestanden haben und dachten, sie sei sehr hoch und eine von uns sogar Höhenangst hatte, von unten schien sie so klein und unbedrohlich, ganz anders als im Sommer. Dann ging es wieder zurück zu unserem Chalet, was wir gegen 5 Uhr erreichten. An diesem Tag hatten wir sechs Kilometer Schneeschuhlaufen hinter uns gebracht.

Erster Blick auf die Brücke!

Unter der Hängebrücke

Während Yvon daraufhin dann das Abendessen vorbereitete richteten wir anderen das Chalet so ein, dass es dunkel werden konnte, denn wir hatten in dem Chalet keine Elektrizität, bloss eine Petroleumlampe, also sollte man sich bereits bevor es dunkel wird den Schlafsack hinlegen und den Schlafanzug aus der Tasche kramen.

Im Kerzenschein gab es dann ein leckeres Ragout und Kartoffeln. Nie hätte ich in diesem Chalet solche Sachen gekochte, höchstens hätte ich weitere Toasts auf den Ofen gelegt, aber es schmeckte wie zu Hause und noch viel besser! Yvon hat sich echt wieder einmal selber übertroffen! Und das mit einem einfachen Campingkocher!

Nach dem Essen begann Yvon zu basteln. Erst verstanden wir alle nur Bahnhof, bis auf Benjamin, der natürlich schon wieder wusste, was das werden würde. Nach einer Weile begriff Rasmus dann, dass Yvon gerade dabei war einen kleinen Heissluftballon zu bauen. Anschliessend liessen wir ihn dann draussen fliegen, natürlich aber mit einer Schnur daran, auch wenn die nach einer Weile durchbrannte (für Naturschützer: keine Angst, es war so Windstill, dass er Ballon wieder kerzengerade zu uns herunterkam und wir alle Teile, wie es sich gehört, im Müll entsorgten). Das war echt schön wie der leuchtende Ballon über uns schwebte und vor allem sehr lange!

Gleich geht er hoch in die Luft...

...und er fliegt tatsächlich!

Da es so schön war draussen zu bleiben schlug Rasmus vor, dass wir ja noch ein wenig draussen bleiben könnten. Also nahmen wir das „Schneetrottinet“ und flitzten die Strasse durch den Park rauf und runter. Das „Schneetrottinet“ muss man sich ein wenig wie ein Hundeschlitten ohne Hunde vorstellen. Der Schlitten hat vorne einen Sitz und hinten zwei Kufen. So kann sich eine Person vorne hinsetzen, die andere schiebt hinten an, bis es schnell genug ist und stellt sich dann auf die beiden Kufen. Da die Strasse vor unserem Chalet dann lange ein wenig bergab ging waren immer zwei auf dem Schlitten, die anderen beiden versuchten sich gegenseitig einzuschneien oder die Personen auf dem Schlitten zu stören. Nach etwa zwei Stunden wurde das dann aber trotzdem ein wenig kalt und Yvon ging zurück ins Haus. Rasmus, Benjamin, Asadeh und ich blieben noch ein wenig draussen. Wir wollten schauen gehen, wie es bei den Schneeschuhwegen in der Nacht aussieht und spielten dann noch ein wenig im Schnee und machten Sprungfotos. Als wir dann durchgefroren wieder im Chalet ankamen hatte Yvon eine Überraschung vorbereitet, eine wirklich typisch kanadische Spezialität. Ahornsirup auf Eis, „De la tire d’érable“. Das kann man ganz einfach draussen machen, woher die Tradition eigentlich auch kommt, oder man macht sich eine Wanne mit Eis, so wie wir das gemacht haben. Dann giesst man den zäh aufgekochten Ahornsirup in Linien in den Schnee. Nach ein paar Minuten kann man den hart gewordenen Ahornsirup ganz einfach aus dem Schnee entfernen und wie einen Lutscher lecken. Mhmmm… Ahornsirup ist schon klasse, ich glaube ich werde in der Schweiz nicht mehr ohne den leben können, inzwischen esse ich den zu fast allem, sogar zu Bratkartoffeln oder Würstchen.

De la tire d’érable

Die nächsten Stunden verbrachten wir bis 2 Uhr mit dem Spiel „Carcassonne“, das meine Eltern meiner Gastfamilie und mir zu Weihnachten geschenkt hatten. Wir spielten mehrere Runden, da Rasmus nie gewann, aber immer ehrgeiziger wurde, auch noch gewinnen zu wollen und da den anderen das Spiel so gut gefiel. Hier sind solche Strategiespiele wie Siedler usw. eher selten und die Leute kennen das nicht wirklich.

Gegen zwei Uhr gingen wir dann noch nach ein wenig quatschen ins Bett. Während der Nacht legte jeder immer wieder ein wenig Holz nach, aber schlafen konnte man in dem ruhigen Wald, nur mit dem Knistern des Feuers und der ein oder anderen schnarchenden Person trotzdem super!

Am Sonntagmorgen standen wir dann gegen halb zehn auf, als Yvon schon wieder mit Spiegelei, Bratkartoffeln und Crêpes auf uns wartete. Wir genossen das leckere Frühstück und sassen lange bei einem schönen Gespräch beisammen, bis um 11 Uhr dann Isabel, die Frau meines AFS-Paten, und Christoph, dessen Sohn, der vor zwei Jahren in Holland für seinen Austausch war, zu uns kamen. Sie konnten leider nicht schon am Samstag kommen, kamen aber zur Freude aller am Sonntag noch.

Das Chalet, wenn auch wein wenig unaufgeräumt

Der Teil der Küche

Nachdem wir das Chalet aufgeräumt und alle Sachen ins Auto gepackt hatten ging es dann wieder auf den Schneeschuhen los, dieses mal eine zwar nur 5 Kilometer lange Strecke, die geht jedoch immer bergauf und bergab, so dass sie trotz allem anstrengender als die des ersten Tages war. Doch die Bemühungen haben sich gelohnt, als wir dann oben ankamen und den Blick über die verschneiten Ebenen geniessen konnten! Um den Berg dann auf der anderen Seite wieder hinunterzukommen, wählten wir dann jedoch überwiegend die Variante uns auf dem Hintern unterrutschen zu lassen, das war einfach viel praktischer als zu laufen, und sowieso viel lustiger.

Oben angekommen lohnt es sich die einmalige Aussicht zu geniessen

Wir sind oben!

Dann mussten wir uns auch schon bald wieder auf den Heimweg machen, denn trotz dem ich mir das hier auch wieder einmal aufs Sehnlichste gewünscht habe, sind die Wochenenden halt nun einmal nicht ewig lange. Gegen 5 Uhr kamen wir dann wieder müde, aber froh zu Hause an.

Das Wochenende war echt super, wir erlebten wirklich für Québec typische Tage – Schnee, Kälte, Natur, Schneeschuhlaufen, Schneetrottinet, Ahornsirup, Holzchalet, Plumpsklo, Campingkocher usw. Ich könnte die Liste von Worten, die dieses Wochenende umschreiben noch lange weiterführen, aber kurz gesagt; Es war das beste Wochenende was ich bisher in Québec erleben durfte, in Begleitung einer super Gruppe! Vielleicht lässt sich dann aber an diesem Platz noch kurz das französische Wort „Éphémère“ erklären. Das Wort steht zum Einen für eine Eintagsfliege, die jahrelang als Puppe lebt, jedoch dann nur kurze Zeit leben kann, zum anderen aber auch als Wort für „kurz, aber schön“. Und so war unser Wochenende, viel zu kurz, aber auch viel zu schön! Danke an euch alle, die jeden Tag mit uns hier in Québec leben und uns dieses unvergessliche Erlebnis hier leben lassen und uns begleiten!

Worterklärung auf Französisch

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